Papst Franziskus Angelus Petersplatz
PAPST FRANZISKUS
ANGELUS
Petersplatz
Sonntag, 21. August 2016
Liebe Brüder und Schwestern, guten Tag!
Der heutige Abschnitt aus dem Evangelium mahnt uns, über das Thema des Heils nachzudenken. Der Evangelist Lukas berichtet, dass Jesus nach Jerusalem unterwegs ist und jemand sich ihm auf seinem Weg nähert, der ihm die Frage stellt: »Herr, sind es nur wenige, die gerettet werden?« (Lk 13,23). Jesus antwortet nicht direkt, sondern hebt die Diskussion auf eine andere Ebene, mit einer suggestiven Sprache, die die Jünger zunächst vielleicht nicht verstehen: »Bemüht euch mit allen Kräften, durch die enge Tür zu gelangen; denn viele, sage ich euch, werden versuchen hineinzukommen, aber es wird ihnen nicht gelingen« (V. 24). Mit dem Bild der Tür will er seine Zuhörer verstehen lassen, dass es keine Frage der Zahl ist – wie viele gerettet werden –, es ist nicht wichtig zu wissen, wie viele, sondern es ist wichtig, dass alle wissen, welcher Weg zum Heil führt.
Dieser Weg sieht es vor, dass man durch eine Tür geht. Wo aber ist die Tür? Wie ist die Tür? Wer ist die Tür? Jesus selbst ist die Tür. Er sagt es im Johannesevangelium: »Ich bin die Tür« (Joh 10,9). Er führt uns zur Gemeinschaft mit dem Vater, wo wir Liebe, Verständnis und Schutz finden. Warum aber ist diese Tür eng, kann man fragen? Warum sagt er, dass sie eng ist? Es ist nicht deshalb eine enge Tür, weil sie erdrückend wäre, sondern weil sie von uns fordert, unseren Stolz und unsere Angst zu beschränken und zu beherrschen, um uns ihm demütigen und vertrauensvollen Herzens zu öffnen, indem wir uns als Sünder erkennen, die seiner Vergebung bedürfen.
Deshalb ist sie eng: um unseren Stolz zu drosseln, der uns aufbläht. Die Tür der Barmherzigkeit Gottes ist eng, jedoch immer weit offen für alle! Gott hat keine Vorlieben, sondern nimmt immer alle auf, ohne Unterschiede. Eine enge Tür, um unseren Stolz und unsere Angst zu beschränken; eine weit offene Tür, da Gott uns ohne Unterschiede aufnimmt. Und das Heil, das er uns schenkt, ist ein fortwährender Strom der Barmherzigkeit, der jedes Hindernis niederreißt und überraschende Aussichten des Lichts und des Friedens eröffnet. Die enge, aber immer weit offene Tür: Vergesst das nicht!
Jesus fordert uns heute erneut dringend auf, zu ihm zu gehen, die Tür des vollen, versöhnten und glücklichen Lebens zu durchschreiten. Er wartet auf einen jeden von uns, welche Sünde auch immer wir begangen haben mögen, um uns zu umarmen, um uns seine Vergebung anzubieten. Er allein kann unser Herz verwandeln. Er allein kann unserem Dasein Sinn in Fülle geben, indem er uns die wahre Freude schenkt. Wenn wir durch die Tür Jesu gehen, durch die Tür des Glaubens und des Evangeliums, werden wir aus den weltlichen Haltungen herauskommen können, aus den schlechten Angewohnheiten, aus den Egoismen und Abschottungen. Wenn der Kontakt mit der Liebe und dem Erbarmen Gottes da ist, stellt sich die echte Veränderung ein. Und unser Leben wird vom Licht des Heiligen Geistes erleuchtet: von einem unauslöschlichen Licht. Ich möchte euch einen Vorschlag machen. Wir wollen jetzt in Stille für einen Augenblick an die Dinge denken, die wir in uns haben und die uns daran hindern, die Tür zu durchschreiten: an meinen Stolz, an meinen Hochmut, an meine Sünden. Und dann wollen wir an die andere Tür denken, an jene Tür, die das Erbarmen Gottes weit aufmacht, der uns auf der anderen Seite erwartet, um die Vergebung zu schenken.
Der Herr bietet uns viele Gelegenheiten, um uns zu retten und durch die Tür des Heils zu gehen. Diese Tür ist die Gelegenheit, die nicht vergeudet werden darf: wir dürfen keine akademischen Reden über das Heil halten, wie jener Mann, der sich an Jesus wandte, sondern wir müssen die Gelegenheiten zum Heil ergreifen. Denn zu einer gewissen Zeit »wird der Herr des Hauses aufstehen und die Tür verschließen« (vgl. V. 25), wie uns das Evangelium in Erinnerung gerufen hat. Wenn Gott aber gut ist und uns liebt, warum wird er an einem bestimmten Punkt die Tür verschließen? Weil unser Leben kein Videospiel oder keine Telenovela ist; unser Leben ist ernst, und das Ziel, das es zur erreichen gilt, ist wichtig: das ewige Heil.
Die Jungfrau Maria, Pforte des Himmels, wollen wir um ihre Hilfe bitten, die Gelegenheiten zu ergreifen, die der Herr uns bietet, um die Tür des Glaubens zu durchschreiten und so einen breiten Weg einzuschlagen: es ist der Weg des Heils, der all jene aufzunehmen vermag, die sich von der Liebe ergreifen lassen. Es ist die Liebe, die rettet, die Liebe, die bereits auf Erden Quelle der Seligkeit all derer ist, die sich in Milde, Geduld und Gerechtigkeit selbst vergessen und sich den anderen schenken, besonders den Schwächsten.
Nach dem Angelusgebet:
Liebe Brüder und Schwestern!
Ich habe die traurige Nachricht vom blutigen Attentat erhalten, das gestern die geliebte Türkei getroffen hat. Wir wollen für die Opfer, für die Toten und die Verletzten beten und um das Geschenk des Friedens für alle bitten. "Gegrüßt seist du, Maria…Herzlich grüße ich die Pilger aus Rom sowie alle, die aus verschiedenen Ländern kommen, besonders die Gläubigen aus Kalisch (Polen), Gondomar (Portugal); ich möchte auch auf besondere Weise die neuen Seminaristen des Päpstlichen Nordamerikanischen Kollegs begrüßen. Willkommen in Rom!
Ich grüße di Vereinigung »Santissimo Redentore« aus Manfredonia, die Motorradfahrer aus dem Gebiet der Polesine, die Gläubigen aus Delianuova sowie jene aus Verona, die zu Fuß nach Rom gepilgert sind. Ich grüße die Jugendlichen aus Padulle, die für einen Dienst in der Mensa der Caritas von Rom gekommen sind. Allen wünsche ich einen schönen Sonntag. Und bitte vergesst nicht, für mich zu beten. Gesegnete Mahlzeit und auf Wiedersehen!